News

Atlantiküberquerung 2022 (Cordula Heise)

Anbei Cordulas Bericht über die ersten Wochen ihrer Reise

Atlantiküberquerung 2022

LSCN-Mitglied Cordula Heise nimmt auf SY SANTANA an der Atlantiküberquerung 2022 teil.
Die Santana hat auf der Etappe von Hamburg zu den Kanaren ihre Seetüchtigkeit bewiesen
Ab Teneriffa besteht die  w/m  gemischte feste Stammbesatzung aus 5 erfahrenen Segelbegeisterten zusammen.
Diverse Vorbereitungen am Schiff sind noch zu erledigen und Vorräte müssen eingekauft und gebunkert werden.

Am 26. Oktober 2022 startet die Santana von Teneriffa Nord ca. 860 sm Richtung Süden mit dem Ziel „Kapverden“.


7. November 2022
Die erste Etappe ist bewältigt.
Ununterbrochen schaukelt das Schiff. Ruder gehen ist teilweise harte Arbeit.
Meine Wache war 10-04 Uhr Tag und auch Nacht.
An den Schlafrythmus habe ich mich gewöhnt.
War eine tolle Erfahrung, Essen ist auf 2 Mahlzeiten reduziert, morgens und abends.
Mittag schaut jeder selbst nach irgendwas.
Es hat sich gelohnt die Reise anzutreten.
 

Am 15. November 2022 fand der Absprung von der Inselgruppe der Kapverden zur Atlantiküberquerung statt mit dem Ziel Französisch Guyana.

19. November 2022 die dritte Nachtwache steht bevor. Meine sind immer 00-04 und 12.00-16.00, so richtig darauf eingestellt habe ich mich noch nicht, noch keinen Schlaf-Wachrythmus gefunden.
Drei Meter Wellenhöhe machen uns zu schaffen, der Körper versucht das immer auszugleichen, das verursacht viel Müdigkeit. Ruhe gibt es also nicht, was die Schiffsbewegungen angeht, dafür sorgen fliegende Fische und Grindwale für Abwechslung.

Zu tun ist auch genug. Der "Flieger" musste eingeholt werden da er an 3 Stellen eingerissen ist.
Da war die gute altbewährte Bootsmannsnaht gefragt. Blöcke schamfielten an der Reling, da hilft dann "Bekleeden" (umwickeln) der Reling mit Musing (gefettete Leine). Talkinge müssen immer wieder erneuert werden. 
Ruder gehen ist vor allem in der Nacht nicht immer ganz leicht. Durch Wolken ist es stockdunkel und die Schiffsbewegungen kann man nicht sehen. Da heißt es ausschließlich und auf den Strich genau nach Instrumenten den Kurs zu halten.

So gegen 15.00 Uhr gibt es ein gemeinsames warmes Essen, zu dem meist die komplette Crew anwesend ist, wir versuchen da mit OTTO, dem Autopilot der Kurslinie zu folgen.
Die 2 auf den Kapverden zugestiegen französischen Gäste bereiteten Nudelgerichte und vegetarische Speisen zu. Den Rest des Tages versorgt sich Jeder selbst.
In den nächsten Tagen wird sich sicherlich noch Einiges einschaukeln, so daß mehr Routine in den Alltag kommt. Bis dahin schaukel ich weiter über den Atlantik.

11. Dezember 2022: Eine Woche liegt hinter uns, langsam pendelt sich das Bordleben ein.
Bei kontinuierlich 5 bft. Wind, entsprechenden Wellen und Schiffsbewegungen.
Der "Klüver" hat dadurch drei Risse bekommen, das bedeutet einholen und reparieren.
Ein Glück daß ich die Bootsmannsnaht aus dem ff beherrsche, nach 2 Tagen intensiver Arbeit (neben den Wachen) ist das Segel geflickt.
In Französisch Guyana müssen die Nähte zusätzlich mit 2 Flicken verstärkt werden. 

Am Sonntag gab eine besondere Überraschung. Ich stand am Ruder, in einer Riesenwelle plötzlich ein lauter Knall und alle Bordinstrumente waren aus. Eine der 24V-Batterien war aus der Halterung gerissen und die Stromzufuhr unterbrochen, nun musste ich ohne Instrumente, bei hohen Wellen den Kurs halten. 
Die kurze Frage, kriegst Du das hin? Konnte ich mit "JA"  beantworten.
Hab’s zwar noch nie mitten auf dem Atlantik getan, aber mithilfe der Bugspitze, den Wellen, und der Sonne schaffte ich es das Schiff über 1 h nahezu 100%ig auf der Kurslinie zu halten, während der Skipper und Anna sich mit der Elektrik beschäftigten und die Stromversorgung wiederherstellten.

Abends erzählte uns Skipper Klaus noch schnell was von Squalls:

  • atmosphärische Störung, 30-50 Knoten Wind, normalerweise 20‘seitlich ziehend, 
  • dadurch gefährliche Böen von Backbord achteraus kommend, 
  • Segelfläche verkleinern, und durch Piek fieren.
  • Notfallreaktion: abfallen 

Zu erkennen an den Wolken achteraus und ggfs.im Radar auszumachen.

Als ich um 0.00 Uhr zur Wache antrat, berichtet die diensthabende Crew 2 Squalls sind dicht vorbeigezogen.

Um 1.20 Uhr sollte ich meinen ersten Squall praxisnah erleben, mit nur 23 kn, aber kurzem heftigem Regenschauer, es folgten noch 2 weitere Squalls mit 30 kn Wind und Schauer. Nun weiß ich wie man sie auf dem Radar ausmacht. Am Tag war es mir deshalb möglich einen herannahenden Squall zu fotografieren.

Heute Dienstag ein ruhiger Tag, außer daß Klaus aus dem Bett gefallen ist und sich kaum bewegen kann. So unterstütze ich ihn und trete meine Wache früher an. Bisher gab es keinen langweiligen Tag. Die mitgebrachten Beschäftigungsunterlagen habe ich noch nicht genutzt. Aber wir haben ja noch 4 Wochen vor uns.

Wer hat schon so viel Glück, sitzt am Heck eines Segelschiffes, Spaghetti mit leckerer Thunfischsosse essend mitten auf dem weiten Atlantik, lässt sich durchschaukeln und freut sich auf diesem sicheren, aber wackeligen Schoner über den Atlantik zu segeln, Tage ohne Land und Handy. Wunderbar!
 
Dienstag 6. Dezember 2022: Französisch Guyana erreicht und in einem Containerhafen festgemacht.

Der Urwald empfängt uns...

Wir werden erst Neujahr weiter segeln. Das Schiff benötigt ein paar Reparaturen und an manchen Stellen Überholung. Der Auspuff des Generators ist an der Stelle der Verbindung zum Schiffsauspuff gebrochen, wir haben unterwegs mit Hüsing (gewachstes, geteertes, dickes Garn) zum Zopf geflochten und mit Zahnpasta notdürftig repariert, so daß der größte Anteil der Abgase wieder nach außen geleitet werden konnte.

Auch die Batterien bedürfen einer Überprüfung. Nach dem Crash wissen wir nicht ob sie unter Motorfahrt 100% geladen werden. Erstaunlich wie Salzwasser frisst, und das Schaukeln am Boot arbeitet. Und wir wollen auch Land und Leute kennenlernen. Unsere 2 französischen Gäste gehen von Bord und an Weihnachten erwarten wir 2 neue Crewmitglieder aus Deutschland.

Unsere Tage sind gefüllt mit Bordarbeiten, z.B. Roststellen bearbeiten, Staufächer ausräumen, reinigen, Einkaufen und Vorräte neu bestücken. Besonders einkaufen ist oft mit der Suche nach entsprechenden Geschäften zeitaufwändig.
Ansonsten herrscht hier hohe Luftfeuchtigkeit, wir sind ständig nass geschwitzt, immer wieder gehen auch kurze heftige Regenschauer nieder.


Die Tage vergehen wie im Fluge, unsere ToDo Listen sind noch lang, immer wieder organisieren wir auch kleinere gemeinsame Ausflüge in die tropische Vegetation.